Fleisch wie Gras
Erzählung
Franz Rieger
ISBN: 978-3-85252-171-8
21 x 15 cm, 72 S., Hardcover
13,00 €
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Kurzbeschreibung
Georg hatte von seiner Tante ein Häuschen geerbt. Georg ist mein Mann, und er sagte damals: Besser drei kleine Räume in einer wackeligen Hütte als einen großen Raum in Untermiete bei einem Drachen.
Die Vermieterin konnte uns nicht leiden. So zogen wir ins alte Haus der Verstorbenen, wo's keine Wasserleitung gibt und kein Bad. Es ging eine zeitlang gut. Dann lernte Georg Leute kennen, die holten ihn abends ins Gasthaus, und er sagte zu mir: Wenn du maulst, weiß ich, was ich zu tun hab'; aber mit dem Kleinen, nein, mit ihm erpreßt du mich nicht.
Der Kleine war ein Knabe, er hieß Georg wie sein Vater, und weil ihn ein Kollege meines Mannes aus der Taufe gehoben hatte, hieß er auch Karl. Der Mann hatte sich Georg schon während meiner Schwangerschaft als Pate angetragen. Acht Tage nach der Geburt tranken er und Georg eine halbe Nacht in der Küche draußen und sagten: Die Beschneidung des Herrn. 's sollte ein Fest sein, und sie lachten und grölten. Ich hatte Georg Karl bei mir im Bett und baute das Deckbett hoch vor seinem Gesichtchen auf, damit er nichts hören sollte. Er aber schrie, laut und kräftig, die Augen geschlossen wie im Traum. Einer der Männer riß die Tür zum Schlafzimmer auf, so wie'n Page in einem Hotel die Türe öffnet, und rief – ich erkannte Georg an der Stimme: Die Erscheinung des Herrn!
Weitere Bücher des Autor*s im Verlag:
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Aufgebote des Zweifels
Außer-Fern
Der Orkan
Die unverzichtbare Ohnmacht
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Verschwinden, im Dunkeln