Volksoper | Olympia
2 Stücke
[ ] Franzobel
ISBN: 978-3-85252-336-1
21 x 15 cm, 144 S., Ill.
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Kurzbeschreibung
Fritzi alleine, mit Messer ihre Haut ritzend, Selbstmordstimmung: Das Entsetzliche ist, wir wissen, daß wir das Falsche machen. Und dennoch müssen wir es tun. Ärzte durchbohren den Bauch der Schwangeren mit einer Nadel, die dringt in den Embryo, zerstört ihm das Gehirn, tötet ihn. Und nachdem er aus dem Körper ausgestoßen worden ist, macht man daraus Hundefutter. Sie will sich umbringen, wird aber durch Stimmen aufgeschreckt und zurückgehalten.
Tigerlili: Hier riecht es überhaupt nicht komisch. Das ist höchstens mein Geruchsgel, um die Liebhaber anzulocken. Brüllt Heil Hitler!
Fritzi: Deswegen laufen dir die ganze Zeit Hunde und Mongoloide hinterher.
Tigerlili schaut gekränkt.
Fritzi: Das habe ich nicht gewollt. Ich wollte dir nicht wehtun.
Simon melancholisch: Ich wünschte, die ganze Stadt käme zum Seeufer und würde sich im Fluß ertränken. Noch besser wäre es, Feuer zu nehmen, und die ganze Stadt niederzubrennen. Wie wunderschön, wenn ganz Tamtam brennen könnte, von einem Ende zum anderen, und niemand käme mehr auf den Gedanken, sich zu verlieben. Diese ganze scheinheilige Liebe würde in Luft aufgehen. Jeder würde erkennen, daß Liebe nur danebengehen kann.
Cola: Es wird sich einiges tun. Es muß sich einiges tun. Wenn sich die Möglichkeit bietet, gehe ich immer aufs Behindertenklo. Die warme Klobrille berühren, anfassen, abschlecken. Wenn es geht, gehe ich immer aufs Behindertenklo. Es muß sich einiges tun. Es wird sich einiges tun.
Tigerlili: Ich habe auch immer Nasenbluten bekommen, früher, ach, immer hatte ich Nasenbluten, immer nur aus einem einzigen Loch, dem linken. Es ist wie die Regel in der Nase haben.
Fritzi: Mit einer Nadel in den Finger stechen und den Blutstropfen herausdrücken, langsam die Rasierklinge über den Handrücken ziehen. In die Steckdose greifen, nur am Anfang ist es Schmerz. Mit der Zeit gewöhnt man sich daran. Mit der Zeit tut es nicht mehr weh, bald ist es angenehm, wie eine Abtreibung.
Joker zieht das braune Tuch weg.
Gautsch in Messiaspose auf einem lebensgroßen Vogelstrauß, der die olympischen Ringe um den Hals hat, einreitend, als ob er mit Journalisten spräche: ...Wer hören will, der höre. Schießbuden und Hüpfburgen, Rampen für Kinder, Stuntmenshows. Da, genau da kommt die Bobbahn her. Bäume. Da, wo jetzt noch die Bäume stehen deutet ins Publikum werden sie runterflitzen. Man wird gar nicht auf den Gedanken kommen, daß hier einmal Wald gewesen ist. Da drüben stellen wir die Schisprungschanze hin. Das größte österreichische Bauvorhaben seit dem Selztal. Und die Abfahrtsstrecke wird aus Zement gegossen, damit es den zerlegten, auf sich selbst Abgefahrenen gleich ihr Kreuz zerreißt, ha, zumindest aber ein paar Sportler-Haxen, nicht. Das will man sehen. Hosianna. Wer hören will, der höre. Eitrige Knochenabsplitterungen, gerissene Sehnen, zu Ende gehende Karrieren, unerfüllte Träume, Sehnsüchte, Elend, Opfer, Leid, Menschen, denen es noch schlechter geht. Zuschauer? Man weiß doch, wie die Menschen sind. Machst du einen Lärm, sie freuen sich. Pane et Schirocco. Hat sich was geändert? Wird sich was ändern? Nichts. Jeder will einen Zirkus haben. Vielleicht verteilen wir noch Hupen.
Joker ihn umschwänzelnd, ohne gesehen zu werden: Ein Olympionide. Ein Feind. Riechen tut er wie ein Mensch, aber er ist bestimmt ein Abgesandter der Unterwelt. Ein Oberteufel. Mir ist auf einmal so eigentümlich, richtig heiß. Phu.
Weitere Bücher des Autor*s im Verlag:
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An der schönen greenen blauen Donau
Austrian Psycho oder der Rabiat Hödlmoser
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