
Shinto in der Kunst des Bogenschießens
Diethard Leopold
ISBN: 978-3-85252-986-8
21 x 15 cm, 166 S., Hardcover
€ 18,00 €
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Kurzbeschreibung
Wenn ich auf die Zeit zurückblicke, da mein Übungsweg in Japan begann, erfüllt mich neben Nostalgie auch eine gewisse Heiterkeit: Wie emotional aufgeladen die Anfänge doch waren! Zugleich muss ich mir sagen: Hätte ich damals nicht so viel an Emotion – manchmal bis über die Grenzen der Vernunft – eingebracht, wäre mir eine entsprechende Entwicklung, eine vergleichbare Reise, versagt geblieben.
Im Frühjahr 1984 fuhr ich zum ersten Mal nach Japan, ohne zu wissen, dass der auf zwei Jahre geplante Aufenthalt zu einem Wendepunkt in meinem Leben werden würde. Ganz unvermutet kam dieser Wendepunkt freilich nicht. Als meine Berufung an eine japanische Universität endlich feststand, hatte ich ein zwar rational nicht begründbares, aber doch einigermaßen sicheres Gefühl, dass eine bedeutende Zäsur bevorstand. Nach dem entscheidenden Telefonat spazierte ich am Ufer des Donaukanals entlang. Immer wieder ging mir durch den Kopf: Jetzt geht es los! Phantasien über eine Verbindung von Ost und West flackerten auf – übrig blieb, aus Mangel an konkreten Inhalten, nur eine Art lustvoller Aufgeblasenheit … Was und wie ich in den folgenden Jahren lernen sollte, hätte ich mir damals auch nicht vorstellen können.
So kam ich völlig unvorbereitet in Japan an. Weder hatte ich auch nur einen Anfang gemacht, die Sprache zu erlernen, noch mich in Geschichte und Kultur eingelesen. Ich wollte, sagte ich mir und anderen, zuerst alles ganz unvoreingenommen wahrnehmen. Was anfangs dadurch aber vor allem auf mich einstürzte, war ein tiefes, unangenehmes und irritierendes Gefühl, fremd zu sein: dies bestimmte mein Lebensgefühl in den ersten Wochen.
Im April war es auf der südlichsten der vier japanischen Hauptinseln untertags schon ziemlich warm, abends dagegen empfindlich kühl. Einen ganzen Monat lang zog ich mich immer wieder falsch an: Tagsüber schien ich der Einzige zu sein, der schwitzte, am Abend fror ich und bekam eine raue Kehle.
Auch sonst fand ich mich nicht zurecht. Ich hielt Entscheidungen für bereits getroffen, wenn die Japaner noch darauf warteten, dass sich der aktuelle Konsens von selbst zeige.