Mondholz
Gedichte
Stefan Nebehay
ISBN: 978-3-99028-924-2
21 x 12,5 cm, 88 Seiten, m. vierfärbigen Abb., Broschur
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Kurzbeschreibung
MONDHOLZ
Mondholz, sagte der Boss zu mir
Wir sollten ein Mondholzhaus bauen
Mit Mondholzmöbeln darin
Aus Stämmen, im Winter gefällt
Bei schwindendem Mond
Im Zeichen des Steinbocks
Denn Mondholz, erklärte er mir
Ist trocken und hart
Wehrt Schädlinge ab
Verzieht sich nicht, kriegt keinen Riss
Schrumpft nicht und wird nicht mürb
Fünfhundert Jahre gewiss
In solch einem Haus, sprach der Boss
Wird niemals man krank
Es schützt vor Kälten und Hitzen
Magnetischen Stürmen und Blitzen
Und selbst dem Feuer
Hält lange es stand
Der Boss überzeugte mich schnell –
Wir kauften ein Grundstück am Hügel
Bestellten das Mondholz und zeichneten Pläne
Die Zimmerleute fanden sich ein
Schreiner und Drechsler bekamen zu tun
Mit Säge und Hobel ging es ans Werk
Ein gutes Jahr später, da stand unser Haus
War von Keller bis Dach wohlgeraten:
Böden und Wände, Kästen und Betten
Tische und Sessel und ein jedes Gerät
Stammten vom Walde, war’n reine Natur
Und wir luden die Freunde zum Feiern
Man staunte und lobte, es sprach sich herum
Bald folgten andre dem Beispiel
Wer auf sich hielt, stieg auf Mondholz um:
Die Spanplatten fort auf die Deponie!
Nur mit Mondholz lässt es sich leben!
Und im Walde fielen die Stämme, stumm
Zwar wächst alles nach
Doch es braucht seine Zeit
Die Lagerbestände schrumpften
Billig war Mondholz seit jeher nicht
Aber nun stieg der Preis immerfort
Und kein Ende in Sicht
In Mondholz, sagte der Boss zu mir
Sollte man wohl investieren
Doch da war’n die Herrn aus der Stadt schon da
Im Anzug, mit glatten Gesichtern
Und kauften die Schläge im Vorhinein auf –
Bald gehn sie damit an die Börse
Der Mond wirkt mit
An Ebbe und Flut
Er folgt seiner Bahn
Wie er’s immer getan
Bald dunkel und bald wieder licht
Der Mondholzpreis kümmert ihn nicht