
Katapult
Neue Heimat-Kunden
Helmut Korherr
ISBN: 978-3-85252-079-7
21 x 15 cm, 132 S., Hardcover
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Kurzbeschreibung
»Herrscht grimmer Frost im Januar, dann winket uns ein gutes Jahr«
Ich heiße nicht umsonst mit Rufnamen Helmut. Neben anderen hervorragenden Eigenschaften zeichnet mich insbesondere Mut aus. Bisweilen könnte man fast von Tollkühnheit sprechen. Bloß im Zusammenhang mit Behörden befällt mich ein rätselhaftes Pulsversagen, meine Kniegelenke transformieren sich zu gummiartigen Gebilden.
Also kann sich jedermann/trau leicht vorstellen, wie ich mich fühlte, als ich das Amtskärtchen im Briefkasten vorfand. Eine unbedingte Einladung zum Gendarmerieposten.
Meine Nachbarin vom Haus gegenüber kam wie immer wie zufällig aus ihrer Tür und fragte mich wie immer, ob ich Urlaub hätte. Wie immer nickte ich bejahend. Ich hatte es längst aufgegeben, ihr mein freiberufliches Dasein zu erklären.
Und dann sprudelte sie schon, die brandheiße furchterregende Neuigkeit: Zwei Gendarmen seien in jedem Haus gewesen, im ganzen Ort, hätten alles durchsucht. Mehr war nicht rauszukriegen. Die gute Frau hatte immerhin die Achtzig schon überschritten, und eine bewundernswerte Rüstigkeit war ihr eigen, allerdings weniger in intellektueller Hinsicht.
So fuhr ich denn als gebremster Blitz über die spiegelglatte Fahrbahn die zehn Kilometer zur Gendarmerie.
Dort vernahm ich endlich, worum es ging. Alle Hausbesitzer von Lackenhart waren angezeigt in Sachen Abwasser. Unter Herzklopfen gab ich zu, dass mein Schmutzwasser von Geschirr und Körper in den Kanal ablief. Und jetzt kam es ans Licht: Eben jener Kanal war dafür gar nicht geeignet. Er hatte nur die Erlaubnis für Regenwasser.
Wer denn das nun verraten habe, was denn jetzt wohl geschehen werde, waren meine brennenden Fragen. »Die Polizei kommt auf alles drauf!« hieß die erste Antwort. Die zweite Antwort war beruhigender, denn niemandem drohte eine Strafe, da die Verantwortlichen längst abgetreten waren. Es müsse bloß die Sachlage verändert werden, so bald als möglich.
Das war mir mehr als recht. Denn was da in unseren Bach gelangte, sickerte als milchiges, grünliches Rinnsal dahin und stank zum Himmel.
Heimgekehrt, führte mich mein erster Weg zum Orrsvorsteher. Wir besaßen keinen Bürgermeister – dafür war Lackenhart zu klein. Es beherbergte ja nur rund dreihundert Leute.
Der Ortsvorsteher, Sitzwohl Josef mit Namen, war fünfzig Jahre alt und ein Meister der Sprache. Er verdrehte gerne Sprichwörter zu Wortsprüchen, die in ihrer Trefflichkeit ihresgleichen suchten. Also empfing er mich auch dementsprechend: »Mittagsstund hat Speis im Mund!« Gottlob handelte es sich schon um den Nachtisch.
Sitzwohl betete mir seine sicherlich schon öfter gemachte Beantwortung herunter. Tja, es werde eben ein neuer Kanal gegraben werden müssen – und wohl oder übel wird auch eine Kläranlage zu errichten sein, für die ganze Großgemeinde. »Zwei Fliegen auf einer Klappe, sozusagen!«
Ich hütete mich davor, lauthals aufzujubeln. Stand ich doch im argen Verdacht, ein Grüner zu sein. Ein Grüner kam hierzulande gleich nach dem Gottseibeiuns.
Beim Abschied ließ der Dorfhäuptling noch seinen speziellen Knüppel aus dem Sack: Es sei ein Fest geplant, im Sommer. Die Vorbereitungen dafür wären eben angescarcet. Es müssce ein Festival der Superlative werden, auf keinen Fall das Übliche – mit Feuerwehrheurigen und Tombola. Bitte, das zwar auch – aber nicht nur. »Feste muss man feiern, dass sie gefallen!« Kurzum, ein Bändchen sollte herausgegeben werden – mit Geschichten aus der Gegend, ob ich nicht Lust dazu hätte. »Warum nicht eine Dorfchronik?« lautete mein Ablenkungsmanöver. Ein tadelnder Blick traf mich. »Die gibt es doch schon!« Diese hätte doch der Pillwein Franz verfasse, anläßlich der vergangenen Neunhundertjahrfeier. Außerdem war das eher ein wissenschaftlerisches Büchel gewesen – jetzt benötige man mehr etwas Heiteres, Literaturisches …