GOTIK SCHÄTZE Oberösterreich
Lothar Schultes, Oberösterreichische Landesmuseen , Bernhard Prokisch
ISBN: 978-3-85252-472-6
29 x 24 cm, XVI, 528 Seiten, zahlr. farb. Abb., Kt., Notenbeisp., Hardcover m. Schutzumschl.
69,00 €
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Kurzbeschreibung
Als barbarisch, als Kunst der »Goten«, der wilden Germanen aus dem Norden, bezeichnete der Schöpfer der ersten europäischen Kunstgeschichte, Giorgio Vasari, in der Mitte des 16. Jahrhunderts in Florenz all das, was sich in den Jahrhunderten vor der Renaissance als europaweiter Stil etabliert hatte. Die Kunstgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts übernahm diese Bezeichnung, und wie so oft wandelte sich ein abwertender Begriff, der zunächst als Schimpfwort gedacht war, zu einer positiven Stilbezeichnung. […]
Diese aus manieristischer Florentiner Sicht so »gotische« Kunst erreichte und überzeugte mit ihren formalen Prinzipien im hohen und späten Mittelalter ganz Europa – auch Italien. Erstmals seit der Antike prägt nunmehr ein durchgängiger Gestaltungswille – selbstverständlich in regionaler Diversifizierung – die künstlerische Gestaltungswelt des europäischen Kontinentes. Vom Kernland Frankreichs ausgehend, werden ab der Mitte des 12. Jahrhunderts Architekturformen am Grundmodul des Spitzbogens und der größtmöglichen Auflösung der Wandfläche orientiert bzw. wenden sich Malerei und Plastik immer mehr dem Lebensbild des Menschen zu. […]
Die Region des heutigen Oberösterreich hat selbstverständlichen Anteil an allen großflächigen europäischen Entwicklungen dieser Wendezeit des 14. und 15. Jahrhunderts. Durch die spezielle Position in der Mitte Europas verankern sich alle aktuellen Tendenzen relativ rasch. Es beginnt das Wachstum der Städte genauso wie die Intensivierung des geistlichen Lebens in den großen Klöstern.
Die Zeit der Gotik markiert allerdings speziell für Oberösterreich die Zeit der Entwicklung einer eigenen Landesidentität. […]
Diese Epoche des Gotischen lässt in Oberösterreich wertvollste Kunstobjekte entstehen. Im ganzen Land entstehen neue Kirchenbauten, die dem neuen »französischen Stil« verpflichtet sind. Kleine Dorfkirchen werden ebenso wie Großbauten (z.B. die Stadtpfarrkirche in Steyr) nach diesem neuen Gestaltungssystem gebaut. Es dominiert der Spitzbogen als sofort erkennbares Formsignal; die Gestaltung der Wand ist geprägt durch größtmögliche Transparenz auf der Basis des neu entwickelten Wandpfeilersystems. In den neu gebauten Kirchen – zumeist handelte es sich hierbei um Sakralbauten – werden farbige Altäre aufgestellt, die in aufwändiger Schnitz- und Malarbeit mit großer Aufmerksamkeit auf die Detailgestaltungen Szenen aus den Evangelien bzw. aus den Heiligenlegenden präsentieren. Zunehmend findet das Alltagsleben Eingang in diese bildhaften Schilderungen, die vor allem durch eine immer größere Nähe zur sinnlich erfahrbaren Realität des Menschen gekennzeichnet sind.
Diese besonderen Schätze der gotischen Kunst sind in Oberösterreich nicht nur an einigen wenigen Orten konzentriert, sondern über das gesamte Land verteilt – entsprechend der in dieser Zeit vorherrschenden regionalen Aufsplitterung der Machtverhältnisse. Die ausgreifende Diversität der damaligen Kunstaufträge ermöglicht heute besondere Entdeckungen: Neben weltbedeutenden Kunstwerken wie dem Kefermarkter Altar oder dem Pacher-Altar in St. Wolfgang […] finden sich auch vielfältig in der Öffentlichkeit weniger bekannte Kunstschätze.
Ziel des umfassenden Projektes »gotik SCHÄTZE oberösterreich« ist es daher zum einen, diese Vielfalt an Schätzen aus gotischer Zeit in Oberösterreich besichtigbar zu machen. Gleichberechtigt neben den Kunstschätzen sollen über das Projekt aber auch zum anderen die »Schätze« des Alltagslebens im späten Mittelalter aufgezeigt werden. Viele kulturelle Errungenschaften, die üblicherweise erst späteren Zeiten zugeschrieben werden, entwickeln sich in diesem »Herbst des Mittelalters«. […]
(Peter Assmann in der Vorbemerkung)
[Titelvariante: Gotikschätze Oberösterreich]
[Katalog zu einem Ausstellungsprojekt des Oberösterreichischen Landesmuseums in Linz (Schlossmuseum), Freistadt, St. Florian, Kremsmünster, Mondsee, Steyr, Peuerbach, Braunau, Ried, Schlierbach, Linz (Landesgalerie).
Hrsg. von Lothar Schultes und Bernhard Prokisch.
Kataloge des Oberösterreichischen Landesmuseums, Neue Folge Nr. 175]
Weitere Bücher des Autor*s im Verlag:
Die gotischen Flügelaltäre Oberösterreichs ; [1]. Von den Anfängen bis Michael Pacher
Die gotischen Flügelaltäre Oberösterreichs – [2:] Retabel und Fragmente bis Rueland Frueauf
Linz – Gesichter einer Stadt
Maximilian Liebenwein
Pferde in der Kunst
Sehnsucht Natur