da GRANIDD fausdd, [2]: taö zwoa
Joschi Anzinger
ISBN: 978-3-99028-213-7
24 x 17 cm, 152 S., Softcover + 4 CDs
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Kurzbeschreibung
Joschi Anzinger, als dessen Freund ich mich bezeichnen darf, hat wiederum ein Meisterstück im Mühlviertler Dialekt geschaffen. Es ist der Granit des Mühlviertels, der Joschi inspiriert und auf dem bunte Wiesen und herrliche Wälder gedeihen. Denn der Granit, der, wenn die Sonne auf ihn scheint, in mystischer Pracht zu glänzen vermag, hat viele Geheimnisse. Ebenso wie Joschi. Das große Geheimnis von Joschi, der sich diesmal an den zweiten Teil von Goethes Faust wagt, liegt wohl darin, dass er sich der alten Sprache des Mühlviertels, es ist die Sprache seiner Kindheit, bedient, und uns ein meines Erachtens sehr kompliziertes Stück nahezubringen wagt. Gewiss ist es eine Kühnheit, sich mit diesem Werk, das unendlich und vielgestaltig erscheint, zu beschäftigen. Dazu gehört Freude am Dialekt und Beharrlichkeit. Die Beharrlichkeit besitzt mein Freund Joschi, er gleicht hierin dem Granit, dessen Glanz den Unbilden des Wetters durch die Jahrtausende trotzte. Mit dem Granit ist daher ein besonderes Rätsel verbunden, aber ebenso mit den Menschen, die auf dem Granit leben und aus diesem sogar ihre Häuser bauen. Vielleicht ist es diese granitene Welt, die dem Dialekt seiner Menschen seine besondere Färbung gibt. Joschi beherrscht dieses Mühlviertlerisch in all seinen Feinheiten. Und er weiß es auch in schönen Worten und Versen niederzuschreiben, so, wenn er von „gfunddns fressen“ oder von der „himmlischn gmoa“ schreibt.
Die Aufarbeitung von Goethes „Faust“ ist ein Abenteuer, auf das sich Joschi mit Erfolg eingelassen hat und das ihm Lorbeeren brachte. Nun hat er sich an „Faust II“ herangewagt. Er tut dies in der Manier eines Wanderers, der durch das Mühlviertel geht und die Orte beschreibt, durch die er zieht. Im Weiterschreiten denkt er über das alles nach. Allerdings sind es nicht griechische Göttinnen und Götter, die Joschi auferstehen lässt, sondern die alten germanischen Götter, die sich von ihren griechischen Kollegen nicht viel unterscheiden. Denn auch Wotan erfreut sich – ähnlich wie Zeus – an himmlischen Damen. Es ist die germanische Göttin der Liebe, die Freya, die Wotan reizt und die es möglich macht, dass die Erde blüht und zum Wohle der Menschen Früchte wachsen. Die nordischen Götter faszinieren Joschi, denn sie passen zum Granit, dem Urgestein des Mühlviertels. Daher ist es für den Autor auch klar, dass die Göttinnen und Götter den Mühlviertler Dialekt beherrschen und in diesem angesprochen werden.
So wird aus Wotan, dem Göttervater, der „wodan“, und aus dessen Geliebter „d augnwoad“. Aber auch sonst bestimmt die Sprache der alten Mühlviertler im „da GRANIDD fausdd taö zwoa“ die Bühne. Daher tritt die Dienerin des Mephisto als „hausmoasddarin“ auf und Famulus, der Assistent des Faust, als „da greizbravi maxl“. Zur germanischen Götterwelt gehören die Asen, die Schicksalsgottheiten, sie symbolisieren das Jahr. Im Mühlviertel wird bei Joschi aus dem Gott Uller, dem der Jänner zugeordnet wird, „s weissi nix“, aus dem Donar, er ist der Gott des August, „da duscha“. Der Donar lässt es „duschen“, er bringt Blitz und Donner im Sommergewitter. Joschi ist ein Meister der Mundart, mit der er aufgewachsen ist, in der er lebt und träumt, denkt und fühlt.
Dem Dichter ist es zu danken, dass er, genauso wie im ersten Teil des „GRANIDD fausdd“, die alte Mundart des Mühlviertels, die Sprache seiner Kindheit, verwendet, um seine Geschichten zu schreiben. Damit gelangt er, wie er meint, zu seinem „literarischen Brunnen, zum Urquell seiner Wahrnehmung in der Kindheit“. Der Weg dorthin war sicher nicht leicht für Joschi, es war ein Weg der Reifung und der Schulung seiner Beobachtungsgabe. Vor diesem Hintergrund sind nach sechs Gedichtbänden sein erstes großes Epos „s mühlviaddla nibelungenliad“, eine graniose Geschichte von Liebe und Hass, Eifersucht, Neid, Leidenschaft und Vergeltung, sowie seine zweite große literarische Arbeit, „da GRANIDD fausdd“, hervorgegangen. Und nun schenkt uns Joschi nach dem ersten Teil von Goethes Faust den zweiten Teil der Tragödie – wiederum in bestem Mühlviertlerisch. Beeindruckend ist die literarische Kraft und Magie seines Dialekts, und man kommt aus dem Staunen nicht heraus, was die Mundart alles zu leisten imstande ist. Als kleines Beispiel unter vielen möchte ich eine Sequenz aufgreifen, wie saftig und poetisch es klingt, wenn Joschi die „ouzinddadi“, in der nordischen Mythologie die Schicksalsgöttin „Urd“, eine der drei Nornen, sie symbolisiert die Zukunft, sagen lässt:
„… hiaz sei a gschichdd fias lebm, woun oile gschichddn z end und lenxdd vazöhd/
und sei a liachdd fia d zeid, woun oile liachdda va da ounxdd vaschdöd/
kim sei a dram fia d wäd, woun oile oundan dram nedda a gfoa/ und sei a liad
fias heazz, des niamois endd, waö oile oundan liada lenxdd schou oile goa/
hiaz sei a zü en nix, woun neamdd mea woas, wo vorn und hindd und obm und undd
und ei und aus/ kim sei a houmad, sei a gwän, a loab, a sä/ und sei a sinn, a gfüh/
wo niada woas sei muaddaschbroch, sei voddahaus …“
Joschi Anzinger hat mit „da GRANIDD fausdd taö zwoa“ seine Epen-Triologie um eine weitere Facette bereichert, und er hat natürlich wieder ein Hörbuch, selbst besprochen und mit 4 CDs im Buch, erarbeitet. Joschis phonetische Schreibweise ist anfangs beim Lesen gewöhnungsbedürftig, aber „das gesprochen so geschriebene Wort“ mit den weichen Doppelkonsonanten hat System, denn die Mundart des Mühlviertels ist ebenfalls weich und rund wie die Mühlviertler Landschaft. Der Autor hat auch wieder, wie es in seiner Tradition steht, seine langjährigen musikalischen Weggefährten Josef Wiesinger und Gottfried Kletzmair, „D Mühlviertler Okarinamusi“ eingeladen, mit ihren edlen Klängen das Hörbuch zu vollenden. Und der Erfolg gibt ihm recht. Qualität geht vor Quantität.
(Roland Girtler)
Rezensionen
Reinhold Gruber: Faust auf MühlviertlerischGoethe hat es auch getan, aber nicht nur deshalb hat Joschi Anzinger seinem „GRANIDD fausdd“ einen zweiten Teil vergönnt. Die Geschichte musste auch für ihn eine Fortsetzung finden.
Mit der Kraft des Dialekts seiner Kindheit hat Anzinger nach der Nibelungen-Sage auch den klassischen Faust-Stoff ins Mühlviertel übertragen. Mit dem jetzt erschienenen „taö zwoa“ des „GRANIDD fausdd“ schließt der am Pöstlingberg in Linz lebende Mundart-Schreiber eine Trilogie ab.
Die Geschichte von Faust und Mephisto – bei Anzinger „fausdd“ und „ganggarl“ – hat so eine Dynamik und Substanz, dass sie für ihn einfach weitererzählt werden musste. Schließlich geht es um die große Frage der Menschheit, was nach dem Tod sein wird. „Wir hoffen, dass es mit dem Tod nicht zu Ende ist, dass unsere Seele, diese Energie in einer anderen Form, auf einer anderen Ebene weiter existiert. Aber wir wissen es eben nicht“, sagt Anzinger im Gespräch mit den OÖNachrichten.
Fasziniert vom Übergang der realen Ebene in eine fantastische Welt, versuchte er auch diesmal seiner eigenen Vorgabe gerecht zu werden, nämlich einer alten Geschichte neues Leben einzuhauchen.
Die für „taö zwoa“ notwendige Reise zu den Göttern startete mit einer intensiven Auseinandersetzung mit der nordischen Mythologie. Die schien dem Mühlviertler für „seine“ Region viel näher als die griechische. Viele Recherchen und Fragen an viele Menschen waren notwendig, um die Basis für seine „Übersetzung“ zu finden. Überzeugt davon, dass Interesse der beste Lehrmeister ist, fand er auch viele magische Orte im Mühlviertel, um die sich Mythen ranken und die sich ideal dazu anboten, in seiner Geschichte Einzug zu halten.
So viel Wissen sich Anzinger auch aneignete, die Umsetzung war nicht einfach. „Ich wollte die Götter in unsere Welt transponieren, habe nach passenden Namen für die Asen, die Nornen, die Walküren oder die Druiden aus der germanischen Götterwelt gesucht. Das war nicht leicht, da muss man sehr geduldig sein.“
Mit Geduld zum Ziel
Seine Geduld sollte sich lohnen. Beispiel Asen: 15 davon gibt es, Göttervater Wotan („wodan“), seine Geliebte Riesin („d augnwoad“) und die Fruchtbarkeitsgöttin Freya („d windlbeirin“) standen bald fest. Für die anderen fand Anzinger die passenden Namen, als er wusste, in welchen Bezug er sie setzen sollte. Die 12 symbolisierte schließlich die 12 Monate des Jahres, und so bekamen sie alle nach und nach ihre Namen. Aus „Uller“, dem Jänner, wurde „s weissi nix“, aus Gesippin, dem Juli „s scheni mendsch“, aus Hödur, dem Dezember, „da loungmounddl“.
Im Bewusstsein, dass uns die Göttergeschichten schon sehr fremd sind, wurde es für ihn zur Herausforderung, dass sich alle etwas vorstellen können. Darauf ist die Geschichte aufgebaut, die Anzinger auf seine Art neu erzählt.
Als „saftig und poetisch“ bezeichnet Roland Girtler im Vorwort die Sprache von Anzinger. Beeindruckend sei die literarische Kraft und Magie seines Dialektes, und man komme aus dem Staunen nicht heraus, was die Mundart alles zu leisten imstande sei.
Die Sprache des Herzens ist nicht leicht zu lesen, der Ungeübte tut sich schwer damit. Deshalb liest Anzinger auch den zweiten Teil seines „GRANIDD fausdd“ auf vier dem Buch beiliegenden CDs. Begleitet von der Mühlviertler Okarinamusi, seit elf Jahren seine kongenialen musikalischen Weggefährten, öffnet sich so leichter die Mühlviertler Welt des Faust.
Die Stärke der Mundart
Joschi Anzinger ist mit seiner Herkunft derart verwurzelt, dass in seinem literarischen Schaffen die „Sprache, die wir sprechen“, stets bestimmend war und geblieben ist. „Im Dialekt bin ich am ehrlichsten“, sagt er. Und doch weiß er nicht genau, warum gerade ihn die Mundart, mit der er aufgewachsen ist, nie verlassen hat.
Die Schriftsprache, die er in der Schule gelernt hatte, sei schon damals eine Art Fremdsprache gewesen. Heute schreibe er zwar auch in der Schriftsprache, aber er müsse dafür anders denken. Die Mundart sei ihm deutlich näher. „Das ist eine intuitive Geschichte, die ich nicht wirklich erklären kann. Im Dialekt bin ich vielleicht mehr ich. In der Schriftsprache muss ich mich mehr verstellen, und das möchte ich nicht.“
Mit dem zweiten Teil des Faust hat sich für Anzinger wieder ein Kreis geschlossen. Nach drei Gedichtbänden sowie der Pöstlingberger Trilogie hat er nun auch drei klassische Epen zu Papier gebracht. Ein weiteres großes Werk habe er jetzt nicht vor. Aber das Schreiben geht weiter. Gedichte, Kurzgeschichten, pointierte Betrachtungen des Lebens. Mit der Dramatisierung des „GRANIDD fausdd“ im vergangenen Jahr auf der Mimusbühne in Waldhausen hat auch das Theater für ihn an Reiz gewonnen. Beim Zipfer Advent wird heuer im Linzer Brucknerhaus ein modernes Hirtenspiel aus seiner Feder aufgeführt.
(Reinhold Gruber, Rezension in den Oberösterreichischen Nachrichten vom 19. Oktober 2013, S. 21)
http://www.nachrichten.at/nachrichten/kultur/Faust-auf-Muehlviertlerisch;art16,1217942
Nina Lindschinger: „Schreiben ist reine Lust“
Die Aufarbeitung von Goethes „Faust“ ist ein Abenteuer, auf das sich Joschi Anzinger mit Erfolg eingelassen hat und das ihm Lorbeeren brachte. Nun hat er sich an „Faust II“ herangewagt.
Zum zweiten Mal wagte sich Joschi Anzinger an einen großen, europäischen Stoff. Nach dem Erfolg des Erstlings wagte sich der bekannte Mundartdichter nun an den zweiten Teil des „Faust“. „Der Stoff war noch in mir drin, die Glut war noch heiß. Als ich den zweiten gelesen habe, erschien er mir noch viel aktueller als der Erste. Ich sofort fasziniert und habe mir den Stoff in meiner Welt vorgestellt.“ Seine Welt, das sind die Hügel des Mühlviertels. In Anlehnung an das charakteristische Gestein lautet der Titel „Da Granidd Fausdd, Taö zwoa“. Wie schon beim ersten Teil verlegt Anzinger die Handlung ins Mühlviertel, etwa ins Faustschlössl in Landshaag. „Mein Werk ist keine reine Übersetzung. Ich erzähle die großen Stoffe in der Mundart nue“, so der Linzer Schriftsteller. Dadurch wird dem verstaubten Stoff neues Leben eingehaucht.
Konservieren der Mundart
Anzinger beschäftigt sich bereits seit Jahren intensiv mit der Sprache seiner Kindheit. „Die Mundart wird in der Form nicht überleben. Selbst ich rede heute ganz anders als noch meine Eltern. In meinem Schreiben steckt also auch ein gewisses Konservieren.“ Sogar ein eigens Wörterbuch hat er zum Korrekturlesen entwickelt. „Das Grundgerüst der Mundart ist in ganz Oberösterreich gleich und basiert auf dem südbayrischen Dialekt. In jeder Region gibt es aber ander Färbungen und Ausprägungen. Da kann es sein, dass ein und dasselbe Wort ein paar Kilometer weiter eine ganz andere Bedeutung hat. Generell ist die Mundart aber rund und weich, wie die Mühlviertler Hügel.“ Anzinger ist mit dieser Sprache aufgewachsen, die Schriftsprache musste er in der Schule wie eine Fremdsprache lernen. Seine Werke schreibt er phonetisch, also so, wie man die Wörter ausspricht. Da dies für viele Leser ungewohnt ist, gibt es auch mit dem neuen Werk wieder vier Hör-CDs, auf denen Anzinger die Geschichte vorliest. „Viele sagen mir, sie hören ihre Mutter oder Großmutter reden, wenn sie mir zuhören“, freut sich Anzinger.
Liebe zur Sprache
Das Schreiben in Mundart hat sich der Dichter, der hauptberuflich bei der Linz AG arbeitet, selbst beigebracht – durch viel lesen: „Der Kopf ist wie ein Glas. Du musst erst etwas hineinfüllen, bevor du etwas herausleeren kannst.“ Anzingers größte Motivation: „Meine Liebe zur Sprche. Das Schreiben ist für mich keine Last, sondern reine Lust. Es tut mir gut und geht mir leicht von der Hand. Dazu kommt das Interesse an alten Stoffen, die vom zeitlosen Kampf um Macht und Einfluss handeln.“ Das Mundartepos ist frei von Schnörkel, Kitsch und Heimattümelei. Stattdessen versprüht er jenen Klang, jene rare Besonderheit, welcher nur Texten eigen ist, die sich bei der Hörer- oder Lesegemeinschaft von selbst den Weg zum Herzen bahnen können. So ist es immer wieder ein faszinierendes Erlebnis, dem Dichter zu lauschen, um sich von der Dynamik der alten Sprache seiner Kindheit und der Resonanz seiner Stimme verzaubern zu lassen. […]
(Nina Lindschinger, Rezension in der Bezirksrundschau Ausgabe Linz vom 24. Oktober 2013)
https://www.meinbezirk.at/linz/lokales/schreiben-ist-reine-lust-d729962.html