
4Handschreiben
Poetische Interaktionen
Günter Eichberger, Wilhelm Hengstler
ISBN: 978-3-85252-706-2
21 x 13 cm, 254 S., Ill.
€ 18,00 €
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Kurzbeschreibung
[Ein Projekt des Kulturamtes und der Stadtbibliothek der Stadt Graz, 2004 - 2005]
Günter Eichberger & Wilhelm Hengstler (Hg.)
Helwig Brunner / Ron Winkler
Share your ego.
Gedichte als Korrespondenten [1]
1 [Geistanbau]
Lieber Helwig,
ich schlage ein Changieren vor. Einen forschenden Dialog. Einen Wortwechsel über jene An- und Durchnäherungen, die wir versuchen, die wir vorhaben. Gemeinsam parallel. Verschieden ähnlich.
Möglicherweise lässt sich der aktive Kontakt zwischen zwei Poesien als Begegnung auf einen Äquator hin bezeichnen. Keine der beiden Seiten wird den Äquator je ganz überschreiten können, ohne dadurch die eigenen spezifischen Energiewerte zu gefährden.
Das Geheimnis einer glückenden Korrespondenz zwischen Texten liegt wohl in der Fähigkeit zur Diskretion. Ich hatte nie etwas anderes vor, als – blitzartig – in deine Essenzen, dein poetisches Universum hinüberzulangen. Und noch Knospen zu entdecken dort, wo sich bereits Reife ergeben hatte.
Gedichte sind Mischgeister, multilaterale Gebilde. Sie entstehen durch Ausflüge in ganz verschiedene Bereiche. Sei es ein Knistern im somnambulischen Urwald des Unbewussten, sei es der Reiz einer fremden Semantik, sei es die plötzliche Prägnanz eines Gegenstandes oder eines bloßes Wortes, das sich in einem bestimmten Kontext zu einem hoch assoziativen Cluster aufweitet.
In diesen Geburtsknoten von Dichtung erhält noch das Vertrauteste eine gewissermaßen embryonale Frische. Wörter werden neu, Sätze werden anders, Wahrnehmungen wechseln Standort und Ausdruck.
Für mich würde ich, wenn Inspiration durch Lektüre erfolgt, nicht von Entlehnung sprechen wollen. Eher davon, ein magisches Flüstern mitzunehmen und es (vielleicht) um einige Grade gedreht auf eine andere Leinwand zu projizieren. Wo es neu behaust wird – um eine Zeile von dir aufzugreifen.
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