
Hermann Friedl
Österr. Arzt und Schriftsteller, 1920–1988
Hermann Friedl stammte aus einer kinderreichen Familie in Putzleinsdorf. Der Ortsname steht für eine nahe der heutigen tschechischen Grenze gelegene Gemeinde im obersten Mühlviertel. Geboren wurde er am 21. Februar 1920 in Linz. Nach dem Volksschulbesuch im Heimatort der Eltern absolvierte er von 1930 bis 1938 das Stiftsgymnasium Wilhering und wurde unmittelbar nach der Matura zur Deutschen Wehrmacht eingezogen, wobei der Militäreinsatz in Polen, Frankreich und Russland ihn bis zum Kriegsende festhielt. Allerdings wurde ihm eine Freistellung zum selbstgewählten Medizinstudium in Wien und Innsbruck zwischenzeitlich gewährt.
Im November 1945 wurde Hermann Friedl in Innsbruck zum Doktor der gesamten Heilkunde promoviert. Noch vor Jahresende trat er eine unbezahlte Stelle als Gastarzt im Linzer Wagner-Jauregg-Krankenhaus an. Dieser früheste Einstieg ins Berufsleben erfuhr auf bezeichnende Weise eine späte Entsprechung, als der im Linzer Seniorenhotel Waldegg untergekommene Gast, wohl auch im Rückblick auf seine erste Anstellung im nahegelegenen Spitals- und Pflegekomplex der heutigen Wagner-Jauregg-Landes-Nervenklinik, einen Prosatext über den Zeichner Klemens Brosch verfasste, der selbst als Kriegsinvalide nach dem Ersten Weltkrieg, ergebnislos behandelt in der zitierten Heilanstalt, auf dem Friedhof der Linzer Pöstlingbergkirche den Freitod wählte.
Der rasche Umstieg des jungen Hermann Friedl aus dem Wagner-Jauregg-Krankenhaus in das Linzer Allgemeine Krankenhaus brachte ein erstes festes Dienstverhältnis mit sich, das wenigstens eine bescheidenste Lebensführung erlaubte. Im AKH Linz durchlief Friedl die Turnusausbildung. Sich als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie weiter auszubilden, was ein tief gegründeter Wunsch von ihm war, blieb ihm allerdings aus finanziellen Gründen zunächst verwehrt. Festzuhalten bleibt freilich, gerade in diesem Zusammenhang, dass er in seiner materiell bedrängten Frühzeit nächste Angehörige seiner Familie tatkräftig unterstützte.
Im Spital arbeitete der Jungmediziner zunächst als Volontärarzt und seit Dezember 1949 als Sekundärarzt. 1950, nach einem knappen halben Jahrzehnt also, löste Hermann Friedl sein Dienstverhältnis mit dem AKH, also auch mit dem Magistrat Linz auf und zog als Gemeindearzt in die Mühlviertler Gemeinde Oberneukirchen. Dort amtierte er bis 1962, ein nicht nur mitfühlender sondern auch kritischer Dorf- und Zeitgenosse der ihm anvertrauten Patientenschaft.
Literarischen Niederschlag haben die dort verbrachten Jahre mit Familie im Roman »Der Landarzt« gefunden. In der Folge übersiedelte er, über einen längeren Zeitraum hinweg, nach Deutschland, wo er sich als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie etablierte. Seit 1967 wirkte er in dieser Funktion in Erlangen und Nürnberg, daraufhin als Bereichsarzt und Lehrbeauftragter am Akademischen Krankenhaus der Universität Ulm-Weissenau. Seine späten Jahre verbrachte Hermann Friedl in Wien, wo er 1980 die Leitung der Neurologischen Abteilung der Allgemeinen Unfallversicherung übernahm.
Genauso aber und mit fortgesetzter Intensität, ähnlich wie in Deutschland, trieb er gleichzeitig sein literarisches Werk voran. Es gibt, seit den siebziger und achtziger Jahren, eine ganze Reihe hervorhebenswerter, originell eigenwilliger Erzählungen und Romane, auch Essays, Gedichte und Hörspiele, wie eine angeschlossene Werkliste beweist. 1977 gehörte Friedl zu den Teilnehmern am ersten Ingeborg Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt.
Das Adalbert Stifter Institut des Landes Oberösterreich ist um eine korrekte Aufarbeitung des Nachlasses von Hermann Friedl bemüht und hat erst in jüngster Zeit durch die Tonaufnahme eines Hörbuches, das frühe Dramolette des Autors wiederentdeckt, eine neue Möglichkeit der Rezeption erschlossen. Als Nachlassbearbeiterin ist die Germanistin Katharina Maurer dankbar zu nennen, die auch ihre wissenschaftliche Forschungsarbeit dem Schriftsteller und Arzt Hermann Friedl widmet. Die Doppelbegabung und zugleich -berufung, sicher oft genug auch Bürde wie furchtlos bestandene Herausforderung, ist bei einer ganzen Reihe von geistig verwandten Persönlichkeiten der Literaturgeschichte ebenfalls anzutreffen. So scheint ein tieferer Zusammenhang auch in der Sympathie sichtbar zu werden, die etwa Hans Carossa als Dichter wie als Arzt dem jungen, erst am Anfang seiner Laufbahn stehenden Hermann Friedl zuteil werden ließ.
Leider ist das vermutlich späteste Werk Hermann Friedls, der Text über den Zeichner Klemens Brosch, seit dem Tod des Autors verschollen, obwohl sich dieser über die von ihm gerade skizzierte Arbeit dem Schreiber dieses Aufsatzes gegenüber noch sehr genau und liebevoll geäußert hat.
Hermann Friedl ist 1987 von Wien nach Linz zurückgekehrt und starb am 4. Dezember 1988 an den Folgen eines Herzinfarktes in Steyr.
(Peter Kraft)
Foto: Nachlass Hermann Friedl; © Adalbert-Stifter-Institut / StifterHaus
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