Au! Schau: Himmel, Jö!
Erzählungen
Karl Ferdinand Kratzl
ISBN: 978-3-85252-338-5
21 x 15 cm, 142 Seiten
€ 7,00 €
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Kurzbeschreibung
MAN KANN MICH MIETEN
Man kann mich mieten. Für ein Zehntel Ihres Monatsgehaltes stelle ich mich einen Tag lang zur Verfügung, damit mein Kunde das bekommt, was er verdient: eine positive Lebenseinstellung, Glück und Gesundheit oder einen schön-heitschirurgischen Eingriff. Alle Wünsche werden wahr durch einen Tag mit Karl. Ein Tag mit Ferdinand raubt Dir sicher den Verstand. Zum Paradies wird jedes Platzl, durch einen einzigen Tag mit dem netten, süßen, goldigen Karl Ferdinand Kratzl! Ein Kunde hat mich gleich zwei Tage gemietet. Am ersten Tag wollt er das Problem mit seinem Bettler lösen. Jeden Tag muß er an einem Bettler in der U-Bahnsration vorbeigehen und kriegt ein schlechtes Gewissen, weil er ihm nichts gibt. Ein klassischer Konflikt. Wir haben Rollenspiele gemacht. Ich war der Bettler, er war der Bettler. Ich war der bessere Bettler! Und ich habe ihm das Wesen der Bettelei klarge¬macht: Egal ob man ein geheimer Millionär ist oder nicht - es gibt ja bekanntlich Bettler, die sich vom Chauffeur an ihren Bettelstandort bringen lassen - jeder Bettler ist und spielt ein Symbol der Not!
Das menschliche Leid sucht sich einen Öffentlichkeitsarbeiter aus. Einen Elendsengel, der es auf sich nimmt, die stumpfe Menschheit wachzurütteln: spastische Bewegungen, geschminkte Beinstümpfe, flehender Blick. Die zehn Schilling, die wir dem Bettler geben, sind keine Gabe an eine bestimmte Person, sondern ein öffentliches Opfer aus Mitgefühl mit dem Leid der Welt. Es ist wurscht, ob der Bettler sein Geld für ärztliche Behandlung ausgibt, versauft oder ins Puff trägt. Er gibt uns die Chance, unser Gewissen zu erleichtern. Mein Kunde gab dem Bettler zehn Schilling und war glücklich. So endete der erste Tag.
WENN HEUTE EIN PRACHTTAG WÄRE
Wenn heute ein Prachttag wäre, vierzig Grad im Schatten und im Gänsehäufel wuchert der Hautkrebs. Ich meine Schönwetter. Wenn heute das strahlende Blau des azurenen Himmels in unsere Herzen hineinleuchtete, dann aber: dann, ja dann. Dann könnte man baden gehen oder Eis essen. Im Strandbad die Bikinimädchen anstarren, besonders die, die nur einen halberren Bikini anhaben. Das ist praktisch bei Schwestern oder Freundinnen. Die eine hac die Badehose vom Bikini und die andere hat den Busenhaker vom Bikini. Da erspart man sich 50% Einklei-dungskosten. Ich wundere mich immer, wer hat das Oberteil an? Dieser Teil des Geschwister- oder Freundinnenpaares ist immer dort, wo ich nicht bin. Nicht, daß ich neugierig wäre. Ich bin kein Spechtler, aber ich liebe die offene Verletzlichkeit. Kleidung ist Panzer. Bei unten ohne: Viele Menschen fürchten sich vor der Schambehaarung, weil sie so dunkel ist. Ein unheimliches Wäldchen. Hansel und Grerel verliebten sich im Wald. Und weil die Schambehaarung so finster ist, gibt es bei mir zu Hause den Zwang, den Trend zur glatt rasierten Intimzone, stets frisch mit Rasierschaum, Rasierpinsel und Rasiermesser, das machen mir die Frauen, weil ich bin da patschert und ein Pflaster in dem Bereich zwickt im Schritt. Also, frisch, glatt wie ein Kinderpopopfirsich! Da kann man sein Wangerl dran reiben und es kratzt nicht. Sonst nach einem Tag schon: stachelig wie eine Matrosen-wange. (Man sieht oft in den Chefetagen so abgeschabte Sekretärinnengesichrer.)
Das unheimliche Wäldchen führte international zu einem neuen Trend. Der Trend zur Blondine. Blondinen bevorzugt, weil sie nicht so unheimlich im Schritt sind.
Voriges Wochenende war ein großer Schock. Ich lasse mir die Haare färben auf blond, damit sich die potentiellen Gespielinnen nicht fürchten müssen vor mir. Ich trag ja auch kindische Unterhosen mit »Bärli hupf«. Daß sich niemand fürchten muß. Die deutschen Biertrinker trinken gerne ein kühles Blondes. Die trinken kein heißes Blondes. Mit Blondschopf wirke ich überraschenderweise gar nicht so unintelligent. Aber ich bin eine Wassersroffblondine. Ein Wasserstoffblondinerich. Blondin. Also künstlich. Und nur das Haupthaar. Unten bleibe ich finster wie der Eingang zum Arlberg-Tunnel. Ich hab zur Beruhigung ein dunkles Bier getrunken. Wenn man dann die normale Missionarsstellung wählt, man sich also auf die Dame draufhaut, sieht sie eh nur mehr das Haupthaar. Für Extravaganzen muß man halt das Licht abdrehen. Im Dunkeln ist gut munkeln.
Wenn heute ein Prachttag wäre, ginge ich meine Haut zu Markte tragen. Auf Aufriß.
Ich kann auch nichts dafür, daß die Sonne nicht scheint, aber alle Leute regen sich bei mir auf. Als wäre ich der Wettermacher.
Es gilt zu streichen, was zu streichen ist. Gartenzäune und Überflüssiges.